Wir vom Seelenreiter waren in der Sommerpause. Wir haben die Tasten ruhen lassen und eine Auszeit genommen, eine jede in ihrem und ein jeder in seinem Sommerloch. Jetzt kommen wir wieder zum Vorschein, wie nach einem sommerlichen Nickerchen. Dabei war mein Sommer alles andere als verschlafen. Kein Dösen am Strand oder am Aareufer, vielmehr ein energisches Auf- und Abgehen, ein Vor- und Zurückeilen unter Kastanienbäumen, deren Blätter seit kurzem ihre Farbe wechseln. Auch Löcher oder Lücken hatte dieser Sommer keine, er war so voll wie die Terrasse des Tierpark-Restaurants Dählhölzli an einem sonnigen Tag, wenn es nur so wimmelt von Familien auf Ausflug, betagten Schulkollegen beim Klassentreffen, Seminarteilnehmern in der eiligen Mittagspause oder Einzelgängern auf der Suche nach dem kühlenden Schatten der Kastanien.
Ich habe gekellnert, wie so viele andere. Ich habe auch versucht zu schreiben, zwischen den Schichten. Ein ständiges Gerangel, eigentlich, wären die Schichten nicht vorgegeben gewesen, von Anderen bestimmt, und damit auch die Zwischenräume gesetzt, in denen Texte entstehen konnten: morgens und abends, bevor die Sonne zu sehen oder nachdem sie schon wieder verschwunden war, benebelt von der Nacht oder müde und verschwitzt vom Gerenne am Tag. Anfangs hielt ich beides getrennt: hier die körperliche Arbeit, das Laufen, das Balancieren von Tabletts und Schleppen von Harassen, dort die geistige Arbeit, das Hineindenken in erfundene Welten, das Ausbrüten von Kopfgeburten. Nur braucht ein „food runner“ seine grauen Zellen nicht weniger als ein Buchstabensammler, müssen seine Sinne ebenso geschärft sein und sein Gedächtnis auf Touren. Er schreibt sogar, in Stenografie und auf kleinen Blöckchen. Umgekehrt merkte ich mal wieder, wie sehr ich beim Schreiben meinen Körper brauche. Mit ausgelaugten Armen und Beinen und auf leeren Magen wird das Tippen zu einer langsamen und mühsamen Angelegenheit.
Ich wundere mich, wie viele verschiedene Texte trotzdem entstanden sind. Kurzbeschreibungen von Animationsfilmen für den Katalog des „Fantoche"-Festivals, das heute beginnt... ein Artikel zum „Home-Movie-Day“, der am 15. Oktober im Kino Lichtspiel stattfinden wird... und, in einer langen nächtlichen Sitzung, zwei Dialogszenen für ein aktuelles Drehbuch. Schreiben und Kellnern, das geht schon irgendwie zusammen. Auch Filmemachen und Kellern, zwei Teamsportarten, sozusagen. Vielleicht hab’ ich mich im Sommer eher als schreibender Kellner gefühlt und wäre jetzt gerne wieder ein kellnernder Schreiberling. Oder ganz einfach ein Autor, ohne Schürze, Serviertücher und Korkenzieher. Einer, der Worte sucht und, gemeinsam mit Anderen, Seelen reitet.
Über das Schreiben schreiben 20. Aber darum geht es nicht
Weiterlesen … Über das Schreiben schreiben 20. Aber darum geht es nicht
Über das Schreiben schreiben 19. Ein Berg zum Beispiel bleibt kein Berg
Weiterlesen … Über das Schreiben schreiben 19. Ein Berg zum Beispiel bleibt kein Berg
Auf Band im Bonn (Teil 3) - Wenn die Deadline klopft - und es gut ausgeht
Weiterlesen … Auf Band im Bonn (Teil 3) - Wenn die Deadline klopft - und es gut ausgeht
Was man so tut oder The boring everyday life of a so called artist
Weiterlesen … Was man so tut oder The boring everyday life of a so called artist
Über das Schreiben schreiben 18. Immer ist alles schön
Weiterlesen … Über das Schreiben schreiben 18. Immer ist alles schön
Über den Wolken sind die Geschichten grenzenlos
Weiterlesen … Über den Wolken sind die Geschichten grenzenlos
Gute Vorsätze (Teil 5) - Was, wenn die guten Absichten ausgehen?
Weiterlesen … Gute Vorsätze (Teil 5) - Was, wenn die guten Absichten ausgehen?
Was man von der BEA für den Theaterbetrieb lernen sollte
Weiterlesen … Was man von der BEA für den Theaterbetrieb lernen sollte
Gute Vorsätze (Teil 2) - Von Cool Runnings lernen
Weiterlesen … Gute Vorsätze (Teil 2) - Von Cool Runnings lernen
«Ich war überzeugend! Warum applaudiert ihr nicht?»
Weiterlesen … «Ich war überzeugend! Warum applaudiert ihr nicht?»
Zwei Tage «Saint Ghetto»: das Erlebnisprotokoll
Weiterlesen … Zwei Tage «Saint Ghetto»: das Erlebnisprotokoll
Schon krass, wie viele Meter weit der Feuerschädel wärmt
Weiterlesen … Schon krass, wie viele Meter weit der Feuerschädel wärmt
Starregisseurin am Staatstheater? Nein: Wanderin zwischen zwei Welten
Weiterlesen … Starregisseurin am Staatstheater? Nein: Wanderin zwischen zwei Welten
Leid und Freud eines musikalischen Tausendsassas
Weiterlesen … Leid und Freud eines musikalischen Tausendsassas
Laserstrahlen, Vokuhila-Schlagzeuger und Dampflokomotiven
Weiterlesen … Laserstrahlen, Vokuhila-Schlagzeuger und Dampflokomotiven
Miese Laune, ein gezerrter Muskel und die ersten Durchläufe
Weiterlesen … Miese Laune, ein gezerrter Muskel und die ersten Durchläufe
«Kann denn dieser Journalist nicht mal richtig lesen?»
Weiterlesen … «Kann denn dieser Journalist nicht mal richtig lesen?»